In der Sitzung des Stadtrats der Stadt Schneverdingen am 03.12.2020 hat die Gruppe SPD und GRÜNE zum CDU-Antrag zur Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung genommen. Die Rede des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Weinreich im Wortlaut:
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender,
meine sehr geehrten Damen und Herren,seit knapp einem Jahr beschäftigen wir uns mit dem Antrag der CDU und mit der Straßenausbaubeitragssatzung aus dem Jahre 1985. Ich gebe zu, dass ich mich mit dieser Satzung vorher noch nicht so intensiv beschäftigt habe. Und ganz ehrlich: Brauchten wir bisher auch nicht, weil es überhaupt keine gravierenden Probleme mit unserer Straßenausbaubeitragssatzung gab!
In vielen Kommunen gibt es Diskussionen über die Straßenausbaubeitragssatzung und als dann letztes Jahr der Antrag der CDU zur Abschaffung dieser Satzung kam, kam auch die Vermutung auf, dass die CDU jetzt schon mal händeringend nach ei-nem Wahlkampfthema sucht (denn große Alternativen zu dem, was wir die letzten Jahre für Schneverdingen entwickelt und beschlossen haben, kam nicht!). OK, dann ist der Wahlkampf eröffnet! Denn warum sonst, sollte man unsere Straßenausbaubeitragssatzung ab-schaffen wollen? Ich gebe zu, dass ich aber auch sehr überrascht war. Denn dieses Mal gab es sogar einen Finanzierungsvorschlag von der CDU – war ja in den letzten Jahren ja sonst nicht so. Aber von dem eigenen Vorschlag, sprich die Hebesätze A und B um 10 Punkte zu erhöhen, sind sie, liebe CDU-Ratsmitglieder dann ja wieder abgewichen. Wahrscheinlich auch wieder aus wahlkampfstrategischen Gründen!
Aber lassen wir den Wahlkampf jetzt mal beiseite und kommen zu Fakten:
1. Es wird von der CDU behauptet, dass die vom Land verabschiedeten Regelungen zur Flexibilisierung nicht ausreichen (die Stundungszinsen seien zu hoch, die Verrentung mit Grundschuldeintragung sei zu bürokratisch, und die fallweise Reduzierung des beitragsfä-higen Aufwands widerspreche dem Gleichheitsgebot). Da frage ich mich doch, warum der CDU-Fraktionsvorsitzende, der gleichzeitig Landtagsabgeordneter ist, den Änderungen auf Landesebene zugestimmt hat? Im Bauausschuss kam dazu die Aussage, dass Herr Dr. Karl-Ludwig von Danwitz zugestimmt habe, da es eine Verbesserung für viele gibt – er aber nicht mit allen Punkten zufrieden sei. Das glaube ich Ihnen auch, aber deswegen gleich eine komplette Satzung abzuschaf-fen, das ist nicht nachvollziehbar.
2. Es wird ebenfalls von der CDU behauptet, dass die Verpflichtung der Kommu-nen, mindestens drei Monate vor Maßnahmenbeginn die voraussichtlichen Be-tragspflichtigen umfangreich zu informieren, zu Problemen führen könne. Hier-zu hat Manfred Ehlermann deutlich Stellung zu bezogen und in Schneverdingen ist das kein Problem. Wichtig ist, betroffene Bürger*innen im Vorwege mitzu-nehmen und mit ihnen gemeinsam über die Straßensanierungsmaßnahme zu sprechen. Das war immer vorrangiges Ziel der Stadtverwaltung, was sie bis heute auch immer erreicht hat!3. Auch weitere beschlossene Gesetzesänderungen sieht die Schneverdinger CDU mit Blick auf den zu hohen Verwaltungsaufwand „sehr kritisch“. Die Abschaf-fung erspare der Verwaltung viel Arbeit und sei zudem eine gerechte Lösung. Auch hierzu hat Manfred Ehlermann deutlich gesagt, dass sich der Verwaltungs-aufwand nicht reduzieren würde. Meine Vermutung ist, dass bei einer Abschaf-fung der Satzung, der Verwaltungsaufwand wesentlich höher wird. Denn dann werden bestimmt viele Bürger*innen ins Rathaus kommen und möchten ihre Straße erneuert haben, weil sie der Meinung sind, dass diese defekt ist. Und über die verschiedenen Sichtweisen bzw. das subjektive Empfinden von Straßenneu-bau-Notwendigkeiten müssen wir hier wohl nicht reden. Mit einer Straßenaus-baubeitragssatzung passiert das nicht!
4. Letzte CDU-Aussage: „Weil derzeit keine Straßensanierung anstünde, bei der An-lieger Beiträge zu zahlen hätten, „ist es der richtige Zeitpunkt, an dem wir das gerecht machen können“. Lieber Christian Quoos, ich weiß nicht, ob eine Steuer-erhöhung zum jetzigen Zeitpunkt der richtige Zeitpunkt gewesen wäre? Mit Be-ginn 2021 müssen wir alle, damit meine ich alle Schneverdinger Bürger*innen sowieso schon tiefer in die Tasche greifen (Schmutzwassergebührenerhöhung und Strompreisanpassung, um nur zwei zu nennen). Viele Familien sind durch Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit oder auch Selbstständige sind durch Umsatzrückgän-ge erheblich betroffen. In so einer Situation sollen wir einen Beschluss zu Steuer-erhöhungen fassen? Unverantwortlich! Aber, von der Steuererhöhung um 10 Punkte sind sie ja bereits abgewichen, siehe letzten Bauausschuss.
War schon „spannend“ im Bauausschuss am 18.11.2020: Genau an diesem Mitt-woch (sprich am 18.11.2020) erschienen unsere Stellungnahmen in der BÖHME-ZEITUNG und im HEIDE-KURIER zu diesem Thema und die CDU meinte dann spontan im Ausschuss, dass man keine Steuererhöhung haben möchte. Ein konkreter Ände-rungsantrag ist von der CDU nicht gestellt worden. Der Ausschussvorsitzende hat aber die ganze Zeit von einem Antrag gesprochen und zum Glück hat dann unsere Bürgermeisterin „ihren“, sprich den CDU-Änderungsantrag für „sie“ formuliert.
Ergebnis ist bekannt: Dieser wurde mehrheitlich (bei einer Stimmenenthaltung von der LSW) abgelehnt. Absichtlich habe ich von unserer Bürgermeisterin gesprochen. Meike Moog-Steffens wurde auch durch sie, liebe CDU, im Bürgermeisterinnen-Wahlkampf unterstützt und deswegen wundere ich mich, warum sie als CDU heute gegen ihren Verwaltungsvorschlag stimmen und die Straßenausbaubeitragssatzung abschaffen wollen. Die Verwaltung hat deutlich aufgezeigt, warum man die Stra-ßenausbaubeitragssatzung beibehalten sollte und wir als Gruppe SPD/GRÜNE wer-den unsere Bürgermeisterin dabei unterstützen!Und warum machen wir das? Drei wesentliche Punkte, die ich kurz erläutern möch-te:
1. Es gibt Einzelmaßnahmen, bei denen nicht der Komplettausbau, sondern nur Ne-benflächen abgerechnet wurden (Bahnhofstraße (1990, 10%), Verdener Straße (1999), Rotenburger Straße/Marktstraße (2011), Wiesentrift (2016), Schützenstraße (2018)) und das auch nicht in voller Höhe, denn der Rat kann Einzelfallentscheidungen durch Ab-weichung der vorhandenen Straßenausbaubeitragssatzung beschließen. Denn, über die Höhe der anzuwendenden Beitragssätze entscheidet der Stadtrat und man kann die vorhandenen Instrumente, die man bereits hat, wie z. B. Einzelsat-zungen nutzen!
2. Der Aufbau von einzelnen Straßenleuchten ist auch anliegerbeitragspflichtig. Sol-len dann, nach der Abschaffung der Satzung, alle fehlenden Straßenleuchten aufgestellt werden? Wissen Sie, um wie viele fehlenden Straßenleuchten wir hier sprechen? Bei jeder Einwohnerversammlung auf den Ortschaften ist das ein Thema. Kosten pro Leuchte = ca. 2-3 TEUR. Hier müsste dann ja noch ein Antrag von Ihnen kommen, damit diese Mittel im Haushalt 2021 eingestellt werden.
3. Mit der Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung entzieht man der Ver-waltung jegliche Diskussionsgrundlage und auch das Instrument, auf dessen Grundlage diskutiert werden kann. Denn einerseits geht die Flexibilität bei der Gestaltung und Durchführung von Straßensanierungen verloren. Andererseits wird das Anspruchsdenken des Standards der Straßen runtergezogen. Ohne Kos-tenbeteiligung würden Wünsche freigesetzt, weil es ja nichts kostet und man will ja dann alles und auch das Beste und das dann auch jetzt und sofort – sehr schwierige Diskussion (unabhängig mal vom zusätzlichen Verwaltungsaufwand gesehen).
Ich hätte noch weitere Punkte, die für die Beibehaltung der Straßenausbaubeitrags-satzung sprechen, aber die wichtigsten sind genannt. Wir als Gruppe SPD/GRÜNE werden dem Änderungsantrag der CDU nicht zustimmen und würden dem Verwal-tungsvorschlag folgen, sofern er dann noch abgestimmt werden muss.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!