Antworten zur Verlängerung der Ausschankzeiten in der Außengastronomie

Nachdem die SPD Schneverdingen mit Anwohnern, Gastronomen und Bürgern zum Thema „Verlängerung der Ausschankzeiten in der Außengastronomie“ diskutiert (siehe Beitrag Außengastronomie und Ausschankzeiten verlängern?) und viele positive Rückmeldung erhalten hat, setzt sich die Mehrheitsgruppe SPD/GRÜNE für eine Testsaison in diesem Jahr ein, bei der die Ausschankzeiten in der Außengastronomie um eine Stunde von bisher 22.00 Uhr auf 23.00 Uhr (an allen Wochentagen) verlängert werden sollen. Da die rechtliche Situation zu diesem Thema jedoch komplex ist, hat sich die Gruppe dazu entschlossen eine Anfrage an die Bürgermeisterin bzw. Stadtverwaltung Schneverdingen (siehe Beitrag: Anfrage an die Bürgermeisterin/ Verwaltung) zu stellen. Die Anfrage wurde nun von der Stadtverwaltung beantwortet.
Anbei unsere Fragen und die Antworten der Stadtverwaltung:
  1. Liegt die Entscheidungskompetenz für die „Verlängerung der Ausschankzeiten“ bzw. die Verschiebung der Nachtzeit allein bei der Stadt Schneverdingen?

Nein, die Zuständigkeit für Aufgaben, betreffend nicht genehmigungsbedürftiger gewerblicher Anlagen im Sinne der TA Lärm, zu denen nach der Freizeitlärm-Richtlinie vom 20.11.2017 auch Freiluftgaststätten zählen, liegt nach der ZustVO-Umwelt-Arbeitsschutz vom 27. Oktober 2009 bei den Landkreisen, kreisfreien Städten und den großen selbständigen Städten. Im Falle der Stadt Schneverdingen liegt die Zuständigkeit also beim Landkreis Heidekreis.

Durch Gastronomen wird wiederholt die Stadt Celle als Beispiel angeführt, in der die Öffnungszeiten im Bereich der Innenstadt auf 23 Uhr verlängert wurden. Wie bereits aufgezeigt, sind neben den Landkreisen und kreisfreien Städten auch die großen selbständigen Städte für die immissionsschutzrechtliche Beurteilung von Freizeitanlagen zuständig. Die Stadt Celle ist gemäß § 14 Abs. 5 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) eine große selbständige Stadt und übernimmt somit diese Aufgaben. Weiterhin übernimmt eine solche Stadt auch die Aufgaben der Bauaufsicht (Erteilung und Überwachung von Baugenehmigungen) und die Überwachung der Gaststättenerlaubnisse. Entscheidungen können somit ohne Umwege über eine andere Behörde vor Ort getroffen werden. Es entsteht ein vollkommen anders zu bewertender Handlungsspielraum als bei der Stadt Schneverdingen, die in Fällen des Immissionsschutzes als kreisangehörige Gemeinde immer abhängig vom Landkreis Heidekreis ist.

Für die Verlängerung der Öffnungszeiten wird immer wieder auf die sogenannte Sperrzeitenverordnung hingewiesen. Die Sperrzeitenverordnung ermöglicht es, die Auflagen zur Außengastronomie, die früher in den einzelnen Erlaubnissen niedergeschrieben waren, ganzheitlich für alle Gastronomiebetriebe in einer Verordnung darzustellen. Auch wenn eine solche Verordnung nach der Einführung des Niedersächsischen Gaststättengesetzes (NGastG) von der Stadt Schneverdingen erlassen werden könnte, da der Landkreis Heidekreis in diesem Bereich nicht tätig geworden ist, ändert dies nichts an den generellen Vorgaben des Immissionsschutzes. So stellt auch § 3 Abs. 2 der Sperrzeitenverordnung der Stadt Celle klar, dass gesetzliche Pflichten der Gaststättenbetreiber, insbesondere die sich aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), den hierzu ergangenen Rechtsverordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften über Immissionsrichtwerte ergebenden Pflichten von der Sperrzeitenverordnung unberührt bleiben.

Ähnlich ist die Regelung in der Coronaverordnung zu verstehen, die auch weitergehende Vorschriften, beispielsweise die des Immissionsschutzes, unberührt lässt.

In § 3 Abs. 1 der Sperrzeitenverordnung der Stadt Celle wird darüber hinaus explizit geregelt, dass Auflagen in der Gaststättenerlaubnis zu anderen Zeiten von der Verordnung unberührt blieben. Also gilt die festgesetzte Zeit in der Gaststättenerlaubnis des Gastronomen auch dann weiter, wenn die Sperrzeitenverordnung eine längere Sperrzeit festgesetzt hat.

  1. Welches Gremium muss im Rahmen des o. g. Runderlasses die Nachtzeit um eine Stunde (auf 23 Uhr) nach hinten verschieben?

Die Entscheidung, die Nachtzeit um eine Stunde nach hinten zu verschieben, liegt beim Landkreis Heidekreis. Die Betreiberinnen oder der Betreiber einer Gaststätte kann seine Betriebszeitenerweiterung nur eigenständig beim Landkreis beantragen, da sich bspw. auch Auflagen in Gaststättenerlaubnissen oder in Baugenehmigungen einzelner Gastronomiebetriebe befinden. Eine Einzelfallbetrachtung durch den zuständigen Landkreis Heidekreis ist unerlässlich. Die Nachtzeit kann gemäß Freizeitrichtlinie vom Landkreis bis zu zwei Stunden verschoben werden, soweit dies wegen der besonderen oder wegen zwingender betrieblicher Verhältnisse unter Berücksichtigung des Schutzes vor schädlichen Umwelteinwirkungen vertretbar ist. Ein Beschluss des Schneverdinger Stadtrates würde bestehende Regelungen unberührt lassen.

  1. Wie kann die Außengastronomie bis 23 Uhr schnellstmöglich für die Saison 2021 umgesetzt werden?

Jede Gaststätte mit Außengastronomie muss für sich umgehend beim Landkreis Heidekreis entweder eine Baugenehmigungsänderung und/oder einen separaten Antrag auf Verlängerung der Betriebszeit seines Freiluftgaststättenbereiches beantragen. Dies ist mit der besonderen Lage oder den zwingenden betrieblichen Verhältnisse zu begründen und mit den Angaben von Häufigkeit und vorgesehenen Lärmminderungsmaßnahmen zu versehen.

  1. Wie müssen sich Gastronomen ab 23 Uhr in der Außengastronomie (im Gegensatz zu der derzeitigen Regelung bis 22 Uhr) verhalten?

Eine mögliche genehmigte Betriebszeiterweiterung von 22 Uhr auf 23 Uhr bedeutet, dass der Betrieb die Immissionsrichtwerte für die Tagzeit bis 23 Uhr in Anspruch nehmen kann. Je nach Gebietscharakter des maßgeblichen Immissionsortes (Nachbarschaft) sind die Tagrichtwerte nach 6.1 der TA-Lärm einzuhalten. Ab 23 Uhr gelten die Immissionsrichtwerte der Nachtzeit von 23 bis 7 Uhr nach 6.1 TA-Lärm. Ein „Stühlerücken“ wäre so nach 23 Uhr nicht mehr möglich